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009 | oktober
 


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Unschuld

nach Dea Loher - Vorbericht aus dem „TagesSatz“
(zurück zur Stückbeschreibung)

„Traurig und schön zugleich“

Unschuld von Dea Loher hat am 3. Oktober 2009 Premiere im ThOP. Der TagesSatz hat die Regisseurin Julia Fischer getroffen zum Gespräch über das Stück, die Proben und die Inszenierung.

„Eine verdichtete, poetische Sprache, die berührt und auf besondere weise Bilder und Charaktere schafft“ – diese Eigenschaft der Stücke der Dramatikerin Dea Loher schätzt ThOP-Regisseurin Julia Fischer besonders. An den Texten Lohers berührt sie immer wieder eine „Atmosphäre, die traurig und schön zugleich ist“. So war es ein Auswahlkriterium für die Inszenierung von Unschuld konkret auszuprobieren, wie entsteht diese spezielle Atmosphäre, was macht sie aus? Und vor allem: wie transportiert man sie auf die Bühne? Ein spannendes Theaterprojekt, das im ThOP bestens beheimatet ist, weil Regisseurin und Ensemble hier „zum Glück den großen Freiraum haben, in dem wir uns ausprobieren dürfen“.

Bei Unschuld sind es auch die Charaktere, die es Fischer angetan haben: „Es treten so viele grundverschiedene Menschen auf, und doch ist das Gefühl da, bei jedem der einzelnen mitfühlen zu können.“ Allesamt sind sie verzweifelt, hadern mit den Umständen ihres Lebens in einer europäischen Stadt am Meer. So wie Fadoul und Elisio, die tatenlos mit ansehen müssen, wie sich eine Frau im Meer ertränkt. Denn sie sind illegale Emmigranten und die Angst vor der Abschiebung ist größer als die Überzeugung, dass es nichts schöneres geben kann, als einen Menschen vor dem Ertrinken zu retten. So wie Frau Zucker, die mit ihrer Diabetes und ihren Selbstmordsehnsüchten in Wohnung und Eheleben ihrer hilflosen Tochter Rosa Einzug hält. Sie führen ein Alltagsleben, zu dessen Traurigkeit der unerfüllte Wunsch danach, Blumen geschenkt zu bekommen, ebenso gehört wie die Gegenwart von Tod, Suizid oder Einsamkeit. Gerade wegen dieser großen und traurigen Themen sind die Figuren für Fischer zugänglich: „Das, worüber wir als ‚große Themen’ abstrakt sprechen, betrifft die Charaktere und ihr Leben aus ganz konkretem, handfestem Anlass“. Da sieht sie einen der Ansatzpunkte, die die Auseinandersetzung mit dem Stoff lohnend und interessant machen.

„Das Stück ist schon ein harter Brocken“, sagt sie und muss lachen: „Beim ersten Lesen drängt sich ein eher düsterer Eindruck auf. Die Leute fühlen sich schlecht und mit jeder Seite immer noch schlechter“. Bei genauerem Hinsehen ließen sich jedoch Lichtblicke in der Düsternis ausmachen, ein „Aufbäumen der Figuren gegen ihr Schicksal“. So wie bei Elisio, der sich weigert, an die Unzuverlässigkeit der Welt zu glauben, die die anderen Figuren behaupten. So wie die blinde GoGo-Tänzerin Absolut, die als Einzige nicht hadert mit sich und der Welt, sondern unerschütterlich optimistisch ist. „Über allen hängt die gleiche dunkle Decke, und es gibt immer wieder verschiedene Löcher, die sich Einzelne darein schlagen, um sich Lichtblicke zu schaffen“. In der Absurdität mancher Figuren und Konstellationen findet sich zugleich bitteres und rührend-amüsantes, Traurigkeit wird überführt in Komik: „Es gibt in diesem Stück auch was zu lachen und zu schmunzeln. Nimmt man es bierernst, hält man die Schwere nicht durch, funktioniert es nicht“

Tragisch und komisch zugleich mag etwa die einsame Frau Habersatt anmuten, die sich als Mutter von Amokläufern und Mördern ausgibt, allein um sich entschulden zu können. Auf andere Weise beschäftigen sich auch die anderen Protagonisten mit ihrer Schuld und dem Wunsch nach Unschuld „Das Stück fragt: Wer ist Schuld daran, dass die Dinge so mies laufen, was ist der Grund dafür, dass so viele Selbstmord begehen? Wen will man anklagen, wenn alles und jeder so sehr miteinander verzahnt ist? Die Figuren suchen Antworten aus sich heraus. Die Fragen lassen sich durch die Struktur der Handlung aber auch ganz schnell auf eine gesamtgesellschaftliche Ebene führen“, stellt Fischer fest.
Lässt sich das Stück also als ein dezidiert politisches beschreiben? Klare Antwort: „Nein.“ Dass Dea Loher das Label ‚politisches Theater’ für sich stets als verfälschend zurückweist, kann Julia Fischer gut nachvollziehen. Für sie arbeiten Lohers Stücke vor allem mit einer großen Künstlichkeit: Es werden Dinge und Vorgänge verhandelt, die politisches Thema sind, so wie in Unschuld Menschen, die in der Illegalität und am Rand der Gesellschaft leben. Loher präsentiere und diskutiere diese Themen jedoch nicht politisch, sondern immer ästhetisch. „Das führt im Idealfall zu Anregung und Auseinandersetzung, es ist nicht per se handlungsstiftend. Ein Theaterstück kann nicht politische Realität verändern.“, sagt Fischer. „Wie ich selber mit dem Stoff umgehe, würde ich aber auch nie von theoretischen Mutmaßungen abhängig machen.“ Vielmehr stützte sie sich auf die Gespräche mit den Schauspielerinnen und Schauspielern. Der Austausch über die Erfahrungen mit den Rollen gehöre zu jeder Probe dazu und haben einen ganz hohen Stellenwert.
Auch das Episodenhafte, Fragmentarische des Stückes ist ein wichtiger Punkt, mit dem sich die Probenarbeit auseinandersetzt: „Um spielen zu können, versuchen wir gemeinsam Leerstellen zwischen den Geschichten für uns zu entschlüsseln und anzufüllen.“ Eine Herausforderung an die Regie – und Probenarbeit stellt dabei die unkonventionelle Handlungsführung und der mitunter hohe Abstraktionsgrad des Stückes dar. Um die großen, etwas sperrigen Themen wie Tod, Einsamkeit, Hoffnung, Schuld und eben Unschuld als Geschichte erzählen zu können, erfahrbar zu machen, versucht das Ensemble Bilder und Symbole zu finden. „Wir leuchten das Innenleben der Figuren aus, um sie zu erkennen und ihre Emotionen bildlich darstellen zu können. Das führt mitunter auch zu grotesken und surrealen Situationen“. Strikter Realismus, „damit würde ich dem Stück nicht gerecht werden“ meint Fischer. So werden auch Bühnenbild und Ausstattung minimalistisch gehalten und ganz auf die Kraft der Worte und eines ausdruckstarken Spiels gesetzt: „Wir greifen zum ältesten Mittel des Theaters, wir behaupten einfach!“

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Die letzte Änderung war am: 26.08.2009
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