True West
- von Sam Shepard -

Thorsten Bothe, Göttinger Tageblatt vom 21. August 1998


Plakat True West

Fliegendes Toastbrot

Wumm! Der Golfschläger kracht auf die alte Schreibmaschine. Minuten später ist sie nur noch Schrott. Viele Requisiten, die das Göttinger Theater im OP für Sam Shepards "True West" nutzt, ereilt ein ähnliches Schicksal wie das Schreibgerät.

Zwei Brüder stehen im Mittelpunkt des Stückes, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten: Austin (Hans-Jürgen Hannemann), Drehbuchautor, geschniegelt, ruhiger Natur. Und Lee (Dirk Böther): Berufseinbrecher, Trinker, überlegen. Sie treffen sich im Haus ihrer verreisten Mutter, wo Austin an einem neuen Projekt arbeitet. Doch sieht Austin seine Idee ad acta gelegt, als sein Agent Saul Kimmer (Georg Düsel) mit Lee zusammentrifft und dessen platte Westerngeschichte viel filmreifer findet. Ein Rollentausch zwischen den Brüdern, der naturgemäß zu Spannungen führt.

Spannungen, deren dramatische Aspekte in Tobias Nikolajewskis Inszenierung hinter den humoristischen Elementen des Stückes zurückstehen. Vom persönlichen Kampf Austins mit seiner Niederlage und mit dem hämischen Triumphieren Lees ist immer nur kurz etwas zu spüren, denn wenn aus den Toastern, die Austin als Mutprobe klaute, nach und nach das Röstbrot springt, dann ist Gelächter im Publikum garantiert. Und Shepards Geschichte bietet reichlich Anlässe zum Lachen.

Einen munteren, leicht verdaulichen Theaterabend bietet das ThOP, und den honorierten die Zuschauer bei der Premiere am Mittwoch mit viel Applaus. Häufig jedoch hasten die Akteure unnötig schnell durch die Dialoge. Viele Passagen vertrügen mehr Ruhe, mehr Zeit - zumal die Figuren eigentlich durch einen meist hohen Alkoholspiegel gebremst sein müßten. Dann könnten auch die Charaktere schärfer gezeichnet werden: Die verlotterte Verschlagenheit Lees oder die Schmierigkeit Sauls. Übertrieben grotesk wiederum wirkt Lees und Austins Mom (Renate Nordmann), die früher als erwartet aus dem Urlaub zurückkehrt.

Zu Hause muß sie feststellen, daß ihre Zimmerpflanzen völlig verwelkt sind. Sabine Eidam sorgte tatsächlich für welkes Grünzeug und auch sonst für ein hervorragendes Bühnenbild: Eine Küche, Tisch, Bank und eine große Stellwand mit Fenstern, alles sehr übersichtlich. Unordentlich wird es erst, wenn Bierdosen, Toastscheiben und Schreibmaschinentrümmer herumfliegen.

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