Neu: Der Spielplan bis August 2001!

Kritik des Göttinger Tageblatt

Gyubal Wahazar
Ein nichteuklidisches Drama

von Stanislaw Ignazy Witkiewicz

Szenenfotos zum Stück
Von
Joachim F. Tornau
Wer versucht, das Gesehene kohärent zu deuten, muss scheitern. Gefahrlos sind nur Gedanken und Assoziationen, die nicht aufs große Ganze zielen.
Im Jahre 1921 schrieb der polnische Schriftsteller, Bühnendichter und Künstler Stanislaw Ignacy Witkiewicz sein Drama "Gyubal Wahazar". Ein Jahr zuvor hatte er in seiner "Theorie der Reinen Form des Theaters" die Koordinaten festgelegt: Die Form möge absoluten Vorrang haben vor dem Sinn (oder jedenfalls vor dem, was gemeinhin als sinnvoll gilt), das Ansprechen von Gefühlen, das "metaphysische Entsetzen", möge Kunstgenuss und Handlungslogik verdrängen. Die Nachwelt hat ihn dafür - nicht zu Unrecht - zum Urvater des absurden Theaters erklärt.

Es ist nicht so, dass "Gyubal Wahazar", das am Mittwoch als deutsche Erstaufführung im Theater im OP Premiere hatte, keine Handlung hätte. Gyubal Wahazar, seine Einzigkeit, ist dank seiner übermenschlichen Drüsen ein mächtiger und unberechenbarer Tyrann, der seine Untertanen mit einem einzigen Wort oder gar nur mit einem Blick in den Staub sinken lassen kann. Doch in seiner grenzenlosen Macht, die ihn nicht nur über Tod und Leben, sondern auch über biochemische Umerziehung gebieten lässt, ist er einsam. Erst als ihm Swinchen, ein kleines Mädchen, in die Augen und bis auf den Grund der Seele schaut, kann er sich befreien. Diese Befreiung allerdings bedeutet gleichzeitig Schwäche, die Gyubals Gegenspieler und alter Physiklehrer Pater Unguentius, Begründer des unbedingten Glaubens an die Wissenschaft, umgehend nutzt, um sich an Stelle Gyubals zum Tyrannen aufzuschwingen.

Natürlich atmet dieses Stück die Atmosphäre der zwanziger Jahre mit ihrer technokratischen Fortschritts- und Wissenschaftsgläubigkeit, ihrer - auch heute wieder aktuellen - Überzeugung, Menschen wie Maschinen beherrschen und konstruieren zu können. Aber das ist nicht alles. Es ist auch (ohne dass das ein Widerspruch sein muss) ein Alptraumszenario, das seinen eigenen Regeln gehorcht und in dem das Verstehen versagt.
Judith Oestreich und Dina Xiromeriti haben für dieses "sechsdimensionale Kontinuum des absoluten Nonsens", wie es Pater Unguentius einmal nennt, eine aufwendig-abstrakte Schlosskulisse geschaffen, vor der Tanja Weidner eine Flut entwaffnend absurder Bilder münden lässt. Es ist ihre erste Regiearbeit, doch schon jetzt zeigt sie viel Gespür für den Raum, für Choreographie, für das Erzeugen eindrucksvoller Effekte. Besonders hübsch: wie zu Beginn des vierten Aktes die Untertanen zunächst nicht mehr sind als Köpfe und Hände, durch einen schwarzen Vorhang gesteckt.
In der Rolle des Gyubal Wahazar beweist Dirk Böther einmal mehr, dass er einer der besten Schauspieler ist, den das ThOP derzeit zu bieten hat. Aber auch, um nur einige wenige herauszugreifen, Johanna Teckemeyer als kindlich-weise Swinchen, Martin Liebetruth als ein sanft-grausamer, an Anthony Hopkins erinnernder Pater Unguentius oder Heiko Siebert als das androide Teufelchen Morbidetto wissen zu überzeugen. Ein bemerkenswertes Stück, ein beachtliches Regiedebüt, eine sehenswerte Ensembleleistung. Bravo!

Aufführungstermine
Premiere:
14. Februar (Mittwoch)


Fr., 16. Februar

Sa., 17. Februar

So., 18. Februar

Di., 20. Februar

Mi., 21. Februar

Fr., 23. Februar

Sa., 24. Februar

Di., 27. Februar

Mi., 28. Februar



Beginn:
jeweils um 20.15 Uhr
Karten
wie immer in der Z-Mensa zwischen 12-14 Uhr oder unter 0551 - 39 70 77



[aktuell]  [spielplan]  [mitmachen]  [kontakt]  [neues]  [fundus]
Die letzte Änderung war am: 02.02.2001