Ein
Bild für Manitou und die anderen Götter
Von Julia Wahren
Ja, es gibt bestimmt nur einen, der eine Bisamratte
mit einem Tritt kastrieren kann. Da hat Old Shatterhand bestimmt
Recht. Es ist der große dicke Winnetou, Häuptling der
Apachen, der mit einem Einkaufswagen voller Plunder durch die Prärie
zieht und immer auf ein gutes Geschäft scharf ist. Oder auf
was zu essen. "Lecker!" raunzt er dann, und jeder im Publikum weiß,
woher er seine betörend umfangreiche Figur hat. Ein fantastischer
Held für Lars Wätzold, der das herrlich dämliche,
zum Davonlaufen und Wiederherkommen alberne Stück "Winnetou
und der hal be Abt" geschrieben und inszeniert hat. Am Mittwoch
hatte es Premiere im Theater im OP.
Unmöglich, alle Spitzen und Plattheiten
zu nennen, die Wätzold und sein neun Helden und zwei Heldinnen
starkes Schauspielerteam auffahren. Eine grauenvoll schlechte
Gangstergeschichte mit entsetzlich blöden Gangstern ist gnadenlos
verwurschtelt mit Werbespots, echter, herzwärmender Winnetou-Musik,
Reich-Ranicki Fernseh-Kolportage und "Ein bisschen Frieden". Dafür
toben die elf Komiker durch alle Ecken des alten Hörsaals
und der Prärie.
Ein Bild für Manitou
Manche Witze sind noch dümmer als die
anderen - was soll's? Manche Figuren sind besser getroffen, andere
schlechter - wen schert's? Herausragend spielt (und singt) Katrin
Richter vom Jungen Theater die Nonne Heilige Helga, Thomas Müller
gibt zuckersüß den Edi Arent, Eberhard Kreinse glänzt
dauerzwinkernd in der Riege der depperten Ganoven. Stefan Graën
liefert den unbestechlichen Helden Shatterhand. Na, und Winnetou
selbst, Rolf-Dieter Franzen, ist ein Bild für Manitou und
die anderen Götter.
Schade nur, dass seine Begegnung mit dem
halben Abt so kurz ausfällt. Der liegt in einem Kindersarg
(für einen großen hatte die Heilige Helga kein Geld)
und soll an einem heiligen Ort heilig begraben werden. So ein
halber Abt ist aber nicht nur für einen knackigen Titel gut.
Wo auf offener Bühne der alte Potter bei einem Raubüberfall
seinen Blinddarm lassen muss, kann es doch kaum schaden, wenn
man den Sargdeckel ein wenig lüftet.
Wo auch immer der halbe Abt bleibt: Pistolenballern
und ein schwuler Häuptlingssohn, haufenweise abgedroschene
Sprüche, Nonnenfrust und "ein Kilo Hostien mit dick Nuttella"
sind bis zur Erschöpfung lächerlich, grausig böse,
schauerlich komisch, genial bescheuert.
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