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Die Geschichte des Kommunismus nacherzählt für Geisteskranke

Wer Stalin getroffen hat, landet mit Katja im Bett
(GT vom 30.01.2003)

Am 5. März vor 50 Jahren starb Josef Wissarionowitsch Stalin – für das Theater im OP (ThOP) Anlass, das Stück „Die Geschichte des Kommunismus, …“ auf die Bühne zu bringen. Allerdings: „… nacherzählt für Geisteskranke“.
Der rumänische Autor der Vorlage, Matei Visniec, hat 1987 in Frankreich um politisches Asyl gebeten, rund 20 seiner Theatertexte waren der Zensur zum Opfer gefallen. Visniec lebt heute in Frankreich. Sein Stück hatte als „inoffizielle deutsche Erstaufführung“, so Regisseur Thomas Müller, am Dienstagabend Premiere.

Nicht genug, dass die Patienten in der Moskauer Anstalt für Geisteskranke leben müssen. Da kommt eines Tages der Schriftsteller Yuri Petrowski (erst mitreißend begeistert, dann entgeistert: Michel Bechtold) auf Geheiß des Parteiapparates, schreibt die Geschichte des Kommunismus auf und trägt sie den Patienten auch noch vor. Das quält nicht nur die Insassen der Anstalt, auch das Publikum im ThOP wird mit recht ausführlichen Passagen konfrontiert. Wie gut, dass es auch noch andere Szenen – und einen Regisseur wie Müller gibt, der viele gute Einfälle hatte; unter anderem den, die Bühne, die Zuschauerränge und andere Bühnenbauten ausgiebig zu nutzen. Das muss er auch, denn eine Anstalt ist groß, die Bühne weniger.

Da galt es, das Zimmer von Petrowski einzurichten – mit Schreibmaschine und, ganz wichtig, einem Bett. Dort nämlich beglückt ihn die medizinische Assistentin Katja Ezowa (wunderbar überzeugt, hilflos und ihrer Obsession ausgeliefert: Katrin Bolbeth), die immer auf der Suche nach Körperkontakt mit Männern ist, die Stalin getroffen haben. Auch Petrowski soll Stalin getroffen haben, also will sie ihn – und auch einen Patienten, was ihr kurzfristig Ärger mit dem Anstaltsdirektor Grigori Dekanazov (etwas blass: Peter Blanke) einbringt. Der wiederum ist felsenfest davon überzeugt, dass Geisteskrankheit in sozialistischen Ländern sich wesentlich von der kapitalistischer Länder unterscheidet.

Ein ganzes Heer von Insassen der Anstalt bevölkert bisweilen die Bühne und hier schrammt die rund dreistündige Inszenierung knapp am Scheitern vorbei. Denn kaum etwas ist schwieriger darzustellen als geistige Behinderung. Zu leicht gerät der Versuch überaus peinlich. Dem Regisseur sei Dank, dass die meisten seiner Akteure sehr zurückhaltend in ihren Rollen agieren.

Zurückhaltend haben sie auch innerhalb der Anstalt eine Art autonome Zone eingerichtet und halten dort Gericht über die Großen der Welt. Jeden von Petrowski bezeugten Tod eines Verurteilten, woran auch immer er gestorben ist, beklatschen sie. Wenn einer ihrer Delinquenten noch lebt, reicht die Aussage, dass er irgendwann sterben wird. Und sie vertreiben sich die Zeit mit Wetten. Kopeken – „Höchstens zwei, mehr geht nicht“ – werden darauf gesetzt, wer als nächstes vor einem Fenster vorbei geht. Ein Hund, der in einen Schneehaufen pinkelt? Oder vielleicht Stalin? Tatsächlich erscheint der alte Mann wie eine Vision tanzend am Fenster vor dem Tribunal der Geisteskranken. Auch sein Tod kündigt sich an.

Peter Krüger-Lenz
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Die letzte Änderung war am: 29.01.2003
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