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Tote ohne Begräbnis
Von Jean-Paul Sartre - Kritik des GT vom 22.11.2003:
Zwischen Folter und Prinzipien
Düster geht es zu in der ehemaligen Notaufnahme im Theater
im OP.
Maximal 35 Zuschauer sitzen zwischen zwei Bühnen, darüber
wölbt sich eng die Decke
– ein perfekter Rahmen für die Premiere der Inszenierung
des Sartre-Stücks „Tote ohne Begräbnis”.
Die einen, die die gequält werden, sind Franzosen. Die
anderen, die Folterknechte, auch. Sie kooperieren mit den deutschen
Besatzern und haben die Untergrundkämpfer festgenommen.
Jetzt wollen sie den Aufenthaltsort des Chefs der Widerständler
herauspressen. Handgelenk zerquetschen gehört bei dem folgenden
Terror noch zu den harmloseren Methoden.
Allerdings, hat Sartre selbst gesagt, er habe kein Stück
über die Renaissance [eigentlich: Resistance], sondern
eines über Grenzsituationen und die Reaktionen der Betroffenen
geschrieben. Genau das wird bei der ThOP-Inszenierung auch deutlich.
Jeder hat sein Päckchen zu tragen, jeder trägt es
auf seine Weise. Richtig schwierig wird es, wenn Prinzipien
im Spiel sind.
Solche ehernen Grundsätze haben alle, die auf der Bühne
sind. Es geht um Loyalität gegenüber dem Chef, dem
Geliebten, dem eigenen Leben oder um das Dienen der großen
Sache. Mit diesen Fragen ringen die Gefangenen. Ihre Folterer
treibt die eigene Lust am Zufügen von Schmerzen und das
Verabscheuen von Folter um. Aber auch sie verfolgen ein Ziel,
wenn auch ein moralisch eher bedenkliches.
Gleichermaßen bedrückend wie beeindruckend hat Regisseur
Vahagn Maloyan, der auch das Raumkonzept entwickelte, die Auseinandersetzungen
in Szene gesetzt. Es wird viel gelitten, geschrieen und getötet
– eine enorme Herausforderung für die Schauspieler,
die zudem allesamt Amateure sind. Um so erstaunlicher, wie Maloyan
gemeinsam mit seinen Schauspielern zehn verschiedene, eigenwillige
und vor allem überzeugende Charaktere entwickelt hat. Nahezu
das komplette Ensemble spielt sich dabei geradezu in einen Rausch.
Herauszuheben ist vielleicht Daniela Urban, die als Lucie Wandlungen
durchmacht zwischen der geradlinigen Untergrundkämpferin,
der an der Folter zerbrochenen Frau und der, die bereit ist,
ins Leben zurückzufinden. Ein enorm anspruchsvoller Part,
den sie brillant ausfüllt.
Ebenfalls großartig: Philipp Weggler, Chef der Henker,
in seiner Zerrissenheit und
Johannes Pfändner (Corbier [eigentlich: Canoris]), der
einen stoischen Griechen in Reihen der Widerständler gibt.
Der Applaus war nicht überschwänglich, was kaum mit
der Qualität der Inszenierung zu tun haben dürfte.
Die Zuschauer waren schlicht betroffen.
Peter Krüger-Lenz
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DO.,
20.11. |
SO.,
23.11. |
MO,
24.11. |
MI.,
26.11. |
DO.,
27.11. |
SO.,
30.11. |
MO.,
01.11. |
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Beginn : jeweils 20.15 Uhr
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