Fuchsquartett


[presse]


Mißmutige Hähne
von Joachim F. Tornau, Göttinger Tageblatt, 4. Januar 1998

Es ist nicht besonders originell, aus einem Programmheft zu zitieren, aber manchmal muß es sein. "Man kommt ihm näher, wenn man sich einen kafkaesk verfremdeten Tschechow oder einen slawisch parodierten Kafka denkt", sagt Karl Dedecius über den polnischen Satiriker Slawomir Mrozek - nachzulesen im Programm zur Inszenierung von Mrozeks "Fuchsquartett", die am Freitag zum ersten Mal im Göttinger Theater im OP zu sehen war. Und treffender ließen sich sich der absurde Humor und die skurrilen Szenen Mrozeks kaum beschreiben.
Im "Fuchsquartett", vier Fabeln (oder etwas ähnliches), die eigentlich nur durch die zentrale Figur des Fuchses zusammengehalten werden, gibt es kokette Hühner und mißmutige Hähne, ein stummes Stoffäffchen und gelangweilte Hunde in Jogginghosen. Es gibt einen Bischof, der (oder die?) seinem (ihrem?) Kind die Brust gibt, und es gibt eine Jagdgesellschaft in einem Wald ohne Tiere. Mal erscheint der Fuchs als wortgewandter Zyniker, der über den sinnlosen Tod seiner Opfer philosophiert, mal spielt er Cello und beklagt seinen unvorteilhaften Ruf, mal sucht er dem Geheimnis der Evolution und der Möglichkeit eines biologischen und sozialen Aufstiegs auf die Spur zu kommen.
Das klingt verwirrend? Das ist es auch. Die Inszenierung von Thomas Müller setzt daher folgerichtig gar nicht erst auf Kohärenz, sondern bekennt sich zur Collage. Gleich drei verschiedene Füchse gibt es: den nachdenklich-philosophischen (herausragend: Dirk Böther), den mitleidheischenden (Hoiko Burmester) und den raffiniert-intriganten (Alexandra Blank). Ist die eine Szene in Optik, Akustik und Inhalt so schrill wie ein Monty-Python-Sketch, kommt die andere ganz gedämpft und feinsinnig, ja beinahe als eine Art ernster Komik daher.
Daß daraus keine seichte Feierabendunterhaltung mit schnellen und einfachen Lachern werden kann (auch wenn es diese Art von Lachern durchaus gibt), liegt auf der Hand und ist gut so. Denn aller Verwirrung zum Trotz ist Mrozeks "Fuchsquartett" so, wie es ist, höchst sehenswert und unterhaltend. Dazu trägt nicht zuletzt auch das ausnahmslos stark spielende Ensemble seinen nicht unerheblichen Teil bei.


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