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Pressestimmen zu Mrozek

Göttinger Tageblatt vom 13. 11. 1998 -

Das ist einfach lächerlich. Da treiben drei Herren schiffbrüchig auf einem Floß und spielen Politik. Sie halten Reden, organisieren sich in Wahlbündnissen, versuchen es probehalber mal mit Diktatur, mal mit Demokratie. Außerdem ist zu diskutieren, wieviele Messer pro Person zur Mahlzeit auf dem Luxus-Floß nötig sind. Das genau ist das Problem: Es gibt gar nichts zu essen, deshalb der ganze politische Zirkus: Einer soll sich opfern und verspeist werden.
Und wenn das Lächerliche sich so ins Absurde verkehrt, dann wird es Stück für Stück immer ein bißchen wahrer. In Slawomir Mrozeks Stück "Auf hoher See", das Lars Wätzold für das Göttinger Theater im OP inszenierte, passiert genau das: Indem die Logik vernichtet wird, decken sich Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit von selbst auf.
In der Kulisse aus blauem Müllsack-Meer und Holzpaletten-Floß agieren Thomas Rühling, Lars Wätzold und Martin Liebetruth mit bemerkenswerter Sicherheit. Besonders letzterer bewies Wandlungsfähigkeit: Während er in "Auf hoher See" noch einen opportunistischen Jammerlappen zu spielen hatte, wechselte er für den zweiten Einakter "Karol" mühelos in die Rolle des halbblinden schießwütigen Opas und beherrschte fast ohne Worte, allein durch seine Präsenz die Szene.
Opa sucht mit seinem Enkel (Stefan Graën) einen gewissen Karol, den die beiden zwar nicht kennen, aber fest entschlossen sind zu erschießen. Vorher braucht Opa noch eine Brille, die ihm der Augenarzt (Alexis Karageorgiou) verpassen soll. Der gerät unversehens in die Situation eines kafkaesken Helden, als Opa, jetzt mit Sehgestell, in ihm den Gesuchten zu erkennen glaubt und schon die Flinte anlegt. Der Doktor versteht zwar nicht, nur daß es um sein Leben geht, lernt das Spiel des "Karolismus" aber sehr schnell und findet flugs ein anderes Opfer.
Es ist die Gradlinigkeit, die in beiden Stücken überzeugt. Ganz ohne verfremdenden Schnickschnack läßt Regisseur Lars Wätzold Mrozeks Einakter für sich selbst sprechen, verschafft auch so den gesellschaftskritischen Allegorien volle Geltung, den Rest erledigen seine Schauspieler. Das Ganze erfährt dadurch eine Tiefe, die anregend ist statt bedeutungsschwer und zugleich streckenweise herrlich komisch. Um Mrozeks Einakter-Trilogie komplettzumachen, fehlt eigentlich noch das dritte Stück namens Striptease. Aber auch die gezeigten haben etwas von einer solchen Entblößung: Ein muffiger Umhang nach dem anderen wird der Gesellschaft abgenommen, bis sie am Ende als mageres Gerippe da liegt - ein Anblick, der einen frösteln läßt.



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